atomstopp: Tschechischer Industrieminister schraubt Atomeuphorie des Landes zurück

20.12.11 - Atomreaktoren Temelin und Dukovany wurden unter anderem Regime errichtet, wirtschaftliche Situation ist zu beachten, ohne Staatshilfen wird es nicht gehen.

Der tschechische Industrieminister Martin Kuba lässt in einem heutigen Interview mit der regierungsnahen Zeitung PRAVO mit bemerkenswerten Aussagen aufhorchen. Auf die Frage, ob er die geplante Erhöhung des Atomstromanteils in Tschechien auf mehr als 80% für realistisch hält, meint Martin Kuba: "Für mich selbst muss ich sagen, dass ich diesen Anteil des Atomstroms am Energiemix zu hoch finde. Für den Bau solch vieler Atomreaktoren sind riesengroße Investitionsmittel notwendig, die CEZ verdienen muss. Es geht nicht darum, dass wir aufs Papier schreiben, es werden so und so viel Prozent sein. Es ist notwendig zuzugeben, dass die gute wirtschaftliche Situation unserer Atomkraftwerke daraus resultiert, dass sie noch im vorigen Regime und unter anderen Investitionsbedingungen errichtet wurden."

Und der Generaldirektor des tschechischen Atomkonzerns CEZ gibt in der Freitags-Ausgabe (16. Dezember) der Tageszeitung Mlada Fronta DNES (MFDNES) unumwunden zu, dass mit der Regierung über Staatshilfen beim Ausbau des AKW Temelin verhandelt wird, denn so - der CEZ-Generaldirektor Daniel Benes: "Ich kenne nämlich kein Atomprojekt auf der Welt, das ohne jegliche Staatsunterstützung gebaut wird!"

"Es ist schön, dass man nun auch in Tschechien den Rechenstift zückt und anerkennt, dass die Wirtschaftlichkeit der heutigen Atomkraftwerke eng mit dem damaligen kommunistischen Regime zusammenhängt und dass in einer freien Marktwirtschaft der Spielraum für eine hochriskante Ostblocktechnologie einfach enger und enger wird! Dass man aber gleichzeitig nach Staatshilfen für den Ausbau von Temelin schreit, ist ziemlich unerträglich! Die gleichen CEZ-Manager nämlich, die eingestehen müssen, den Ausbau von Temelin nur mit Subventionen aus Steuergeldern bewerkstelligen zu können, argumentieren dann wieder mit der "billigen" Atomkraft!", so Roland Egger und Gabriele Schweiger, Sprecher von atomstopp_oberoesterreich in einer ersten Reaktion auf die heutigen tschechischen Presseberichte.

"Der Atomeuphorie in Tschechien wird jedenfalls durch die wirtschaftliche Situation ein Dämpfer erteilt. Entscheidend ist jetzt, dass Österreich gegenüber Tschechien klarstellt: Wir werden euren Atomstrom nicht abkaufen! Damit verschärft sich die Wirtschaftlichkeit des Temelin-Ausbaus nochmals und möglicherweise bedeutet das ein vorzeitiges AUS für den Temelin-Ausbau! Wir appellieren jedenfalls an unsere Bundesregierung ein wasserdichtes Atomstromimport-Verbot durchzusetzen - auch als österreichischen Alleingang!", so Egger und Schweiger abschließend.

Weitere Informationen:
Roland Egger + 43 680 23 93 019
Gabriele Schweiger + 43 680 33 33 625

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