Tschechien: Warum sich das Atomkraftwerk Dukovany nicht lohnt

17.02.21, Quelle: respekt.cz (Übersetzung: BIU/OIZP)

In der Debatte über den neuen Atomblock in Dukovany hat in den letzten Monaten die Sicherheitslinie überwogen. Die Risiken der Zusammenarbeit mit nicht voraussehbaren regimen, wie mit dem russischen oder chinesischen, sind berechtigt und es wurde davon schon viel gesagt. Es gibt hier aber auch eine grundsätzliche Frage, ob sie die aufwändige Investition überhaupt lohnt - und die Wirtschaft sprichr dagegen gleich in zwei Ebenen.
Damit man das Kraftwerk bauen kann, muss sich der Staat verbinden, dass die Kunden seinen Strom in der Zukunft abnehmen werden, egal war er kostet. Über diese Verpflichtung soll am Freitag wieder die
Abgeordnetenkammer verhandeln und die Regierung setzt den Weg durch, der den Strompreis in der Zukunft hoch heben könnte. Dazu sagen die Atombefürworter, dass man von den hohen Kosten nicht fürchten soll, da wir die neuen Reaktoren in der Zukunft wegen der Deckung des Energiebedarfs sowieso brauchen werden. Und dass man bauen muss, um jeden Preis.

Diese ganze Konstruktion ist aber sehr weich. Man kann davon merken, dass sich die neuen Dukovany - Blöcke der Tschechischen Republik nie lohnen werden und die heutige Eile mit anderen Zielen motiviert ist als mit der Sicherheit der Energieversorgung der kommenden Generationen.
Der Regierungsentwurf des Gesetzes, der den Spitznamen Lex Dukovany trägt, geht am Freitag bei einer außerordentlichen Tagung der Abgeordnetenkammer in die dritte und letzte Lesung. Der Staat verpflichtet sich dort, den Strom aus dem künftigen Block für solch einen Preis abzukaufen, so dass seinem Betreiber die gesamten Baukosten gedeckt werden ein angemessener Gewinn sichergestellt werden. Den neuen Block in Dukovany soll die Staatsfirma CEZ bauen und betreiben, die
diese Bedingungen mit Rücksicht auf die kleinen Aktionären ausverhandelt hat, damit sie das Risiko der Verluste nicht tragen oder die CEZ-Aktien im Großen nicht verkaufen.
Den Stromabkaufpreis könnte man theoretisch schon dann berechnen, nachdem CEZ das internationale Auswahlverfahren und zusammen mit der Regierung den Sieger auswählt. Aus dem Auswahlverfahren soll sich auch der Preis des Baues und der Zeitplan entwickeln. Die Regierung verspricht parallel, für den Bau einen billigen langfristigen Kredit zu geben. Alle Kostenbelege, betreffend den Bau oder seine Finanzierung, sollen also nach dem Auswahlverfahren bekannt sein: und davon kann man den Preis berechnen, für den das Kraftwerk an einem Tag den Strom ins Netz liefern könnte.

Der Industrieminister Karel Havlicek, der jetzt der Hauptpropagator der künftigen Atomkraft ist, da sich der Premierminister Babis eher im Hintergrund hält, verspricht, dass der Abkaufpreis des Stroms aus dem neuen Block zwischen 50-60 Euro pro Megawattstunde liegen wird. Das entspricht der heutigen Ebene. Zum letzten Mal war davon die Rede beim Treffen der Regierungsmitglieder und der CEZ-Leitung mit der Opposition im Januar. Das Problem liegt darin, dass niemand solch einen Preis sicherstellen kann, was auch der Grund dafür ist, warum das Gesetz jetzt entsteht - als Garantie - damit es in der Zukunft möglich ist, die höheren Kosten auf jemanden zu überspielen. Falls der Preis in der Zukunft höher sein wird, wird sie der Staat sowieso bezahlen müssen.
Den abgekauften Strom wird der Staat auf dem Markt verkaufen und den Verlust allen Stromverbrauchern in den Stromrechnungen bezahlen lassen oder ihn aus dem Staatsbudget ausgleichen.

Warum kann man nicht Versprechen vertrauen, dass der Stromabkaufpreis ähnlich sein wird, wie der heutige Strompreis? Zeigen wir es uns an dem einzigen Fall aus der letzten Zeit, wo aus einem Auswahlverfahren zur neuen Atomquelle in Europa ein transparenter Strompreis entstanden ist -
und zwar am britischen Atomkraftwerk Hinkley Point. Der Staat hat sich dort im Rahmen eines ähnlichen Vertrages verpflichtet, den Strom für 110 Euro pro Megawattstunde abzukaufen. Und das in den Preisen des Jahres 2012 - wobei der wirkliche Preis weiter steigt.
Havlicek und CEZ versprechen, auf die Hälfte dieses Preises zu kommen, da sich laut ihnen Tschechien schon belehrt hat und im Unterschied zu Großbritannien wird der tschechische Staat neben der Garantie des Stromabkaufpreises für den Bau auch billiges Geld besorgen. Der Staat wird einen billigen Kredit nehmen und der Plan ist, dass er das Geld kostenlos während der Bauzeit der Firma CEZ bereit stellen wird. Auch trotzdem wird es aber sehr schwierig sein, den versprochenen Abkaufpreis zwischen 50-60 Euro pro Megawattstunde zu erreichen, bzw. da müsste der Staat zaubern.

Havlicek verspricht nicht nur eine billige Atomhypothek, aus den Unterlagen von CEZ rechnet er auch mit einem sehr günstigen Baupreis. Der wird in den Regierungsmaterialien bis zu 5.000 Euro pro Kilowatt der installierten Leistung abgeschätzt, was bei der versprochenen Leistung in den heutigen Preisen auf 150 Milliarden Kronen kommt. Aber diese Abschätzung wird aufgrund sehr optimistischen Eintrittsdaten gemacht - vor allem aus einer mehr als ein Jahr alten Tabelle der Referenzbauten.
Aber dorthin verrechnet CEZ auch die Preise der Kraftwerke, die nur am Papier versprochen wurden (Temelin 3 und 4 oder Paks in Ungarn).
Havlicek und CEZ rechnen auch mit einer sehr optimistischen Vision, dass der Bau nur sieben Jahre dauern wird. Die Weltpraxis ist aber ganz anders. Die Zeitpläne in Frankreich, Finnland oder in der Slowakei verlängern sich und die Baubudgets werden weit überschritten. Die Verzögerung oder Verteuerung soll laut Havlicek CEZ als Investor überwachen. In der Praxis wird es aber nicht der Fall sein - das Gesetz gibt den Raum, den Stromabkaufpreis in der Zukunft zu verändern, CEZ kann auch im äußeren Falle das Projekt verlasen, das Projekt dem Staat übergeben und sich die dort investierten Mittel zurückzahlen lassen. Man kann sich nur schwer vorstellen, dass der Staat der Firma CEZ im Falle
der Verzögerungen und Verteuerungen des Baues nicht entgegen kommen würde.

Als Andrej Babis vor sieben Jahren in die Regierung eintrat, war eine seiner ersten großen Entscheidungen in der Rolle des Finanzministers die Ablehnung der Regierungsgarantien im damaligen Auswahlverfahren zum Temelin-Ausbau. »Wir können uns nicht leisten, die Strompreise zu garantieren,« erklärte Babis im April 2014. Damit stellte sich die Regierung von Sobotka gegen das gleiche Prinzip, das jedoch die heutige Regierung so vehement durchsetzt - mit dem Argument der heutigen Gegner,
dass der Staat auf die Steuerzahler und Stromverbrauch nicht das Risiko übertragen darf, dass der Bau zu teuer auskommt. Das Auswahlverfahren während der Sobotka-Regierung wurde dadurch aufgelöst und das Land konnte endlich ruhig ausatmen, dass das kostenaufwändige und risikoreiche Atomprojekt wieder vergessen wird.

Das ist nicht passiert - je nachdem, was Havlicek Anfang dieses Jahres sagte, soll das Auswahlverfahren zur Auswahl des Lieferanten des neuen Blocks in Dukovany gleich nach der Genehmigung von Lex Dukvany ausgeschrieben werden. Babis wunderte sich angeblich bei der Dezember-Tagung des Ständigen Regierungsausschusses für die Atomkraft hinter der geschlossenen Tür, warum die Staatsgarantie für den Stromabkaufpreis aus dem neuen Block nicht bei den versprochenen 60 Euro pro Megawattstunde nicht von oben limitiert ist. Die gleiche obere Grenze wollen auch die Piraten durchsetzen - die zum Gesetzentwurf zwei Veränderungsvorschläge eingereicht haben.
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