Tschechische Atomträume in instabilen Zeiten
11.11.22, Quelle: ceskenoviny.cz
Die russische Invasion in die Ukraine und die folgenden hohen Erdgaspreise brachten neue Fragen über die Zukunft des europäischen Energiemarkts in den Vordergrund. Neben dem Bedarf, das russische Gas schnell zu ersetzen, besteht nach wie vor die Aufgabe, die hohen Treibhausgas-Emissionen wegen der aktuellen Klimakrise zu reduzieren. Betont wurde auch die potenzielle Verletzbarkeit der Atomkraftwerke in den Kriegskonflikten. Wie soll in diesem Licht die künftige Rolle der Kernkraft in der Tschechischen Republik sein? Wie sind die realen Möglichkeiten neuer Atomprojekte, die Verbrennung der fossilen Brennstoffe zu ersetzen? Und können sie die tschechische Energiezukunft sicherstellen?
Die Suche der Antworten auf diese Fragen hat die öffentliche Podiumsdiskussion »Tschechische Atompläne in instabilen Zeiten« umrahmt, die am 1.November der Verein Calla und die Bewegung Duha in den Räumlichkeiten des Prager Enforums veranstaltet haben. Man konnte dort die Meinungen des Chefs der Atomkraft-Abteilung des Industrieministeriums Tomas Ehler, des Direktors der Sektion des Klimaschutzes des Umweltministeriums Jan Dusik, des Ex - Premierministers und des europäischen Kommissars Vladimir Spidla und des Abgeordneten des Europa - Parlaments, des Ökonomen Ludek Niedermayer hören.
Tomas Ehler bestätigte, dass die Regierung die Atomkraft für eine der Schlüssel-Prioritäten im tschechischen Energiemix hält und erwähnte, dass die Behörde bereits die Unterlagen für die Entscheidung über den sechsten großen Reaktors in Dukovany und zweier in Temelin vorbereitet. Sein Regierungskollege Jan Dusik sprach dann über die Rolle der Atomkraft für die Reduzierung der Treibhausgas - Emissionen. Er betonte dabei, dass aus Sicht des Umweltministeriums die Nutzung der erneuerbaren Energieträger dort eine Priorität darstellt, wo es möglich ist.
Kritisch hat im Gegenteil dazu die Regierungspläne Ludek Niedermayer gesehen und machte darauf aufmerksam, dass der großte Anteil der öffentlichen Debatte, der dem Thema der Vorbereitung des fünften Blocks in Dukovany gewidmet wird, unsere Aufmerksamkeit davon ableitet, was wir jetzt und schnell machen sollten - die Photovoltaik,-Windquellen auszubauen, die Netze mit der Nutzung der Energiespeicherstellen zu modernisieren und weitere Transformationsschritte zu machen. Das führt dann laut ihm zur Situation, wenn. »Unsere Reaktion auf die Energiekrise nicht ausreichend ist, vor allem im Bereich der Energieeinsparnisse und der erneuerbaren Energieträger. Dort haben wir zehn Jahre geschlafen und jetzt müssen wir da die mehr entwickelte Staaten nachholen.« Er opponierte auch den Vorstellungen über die ökonomische Günstigkeit der Atomkraft: »Im mittel,-und langfristigen Ausblick wird der Ausbau der Atomkraft aus Seite des Industrieministeriums als die billigste Variante dargestellt. Das h
ängt aber von den Ausgangsvoraussetzungen ab, die ausführlich diskutiert werden sollten.«
Vladimir Spidla meint auch, dass die Kernkraft keine universale Lösung für die Tschechische Republik darstellt, im globalen Maß handelt es sich laut ihm nur um eine Lösung am Rande, und es ist offenbar, dass sich die Ingenieur- Kapazitäten auf andere Technologien konzentrieren werden. Er machte vor allem auf eine häufig unterschätzte Tatsache aufmerksam: »Es erwartet uns nicht nur die Energie - Transformation, sondern auch eine gesellschaftliche, die die ganze Wirtschaft betreffen wird. Entscheidend sind dabei die sozialen Aspekte - wir brauchen einen außerordentlichen Maß der gesellschaftlichen Zusammenarbeit und deswegen müssen wir nicht nur über die Umverteilung der Erlöse, aber auch der Kosten, nachdenken.«
Edvard Sequens aus dem organisierenden Verein Calla bewertete die Diskussion: »Die Atomkraft wird in der Tschechischen Republik oft für eine wunderliche Technologie gehalten, die uns von allen Treibhausgas - Emissionen befreien und gleichzeitig unsere Energieautarkie sicherstellen könnte. Die Debatte hat gezeigt, dass es nicht so eindeutig ist und dass es notwendig ist, einen brauchbaren Einsatz auch billigeren und zugänglicheren Lösungen beiden Schlüsselproblemen der Gegenwart zu widmen.«
// Übersetzung OIZP Budweis, gr //